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Werbung für Diktator Xi: China nutzt Frankfurter Buchmesse als Propaganda-Bühne

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Das Podium auf der Frankfurter Buchmesse war in blaues Licht getaucht, hinter dem Redner zeichnete sich eine zarte Hügellandschaft ab, durch die ein chinesischer Tempel lugte. Vorn stand Wu Ken, damals noch Botschafter der Volksrepublik China. Der Diplomat war im Oktober 2023 nach Frankfurt gekommen, um für Staats- und Parteichef Xi Jinping zu werben. Erst wenige Tage zuvor hatte die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock ihn als "Diktator" bezeichnet. Nun stellte Wu in einem eigens angemieteten Raum auf der weltgrößten Buchmesse das Buch "Stories of Xi Jinping" vor, ein Propaganda-Werk über den kommunistischen Alleinherrscher.

Wu ist ein diplomatischer Scharfmacher. In China nennen sie seinesgleichen "Wolfskrieger". Der Botschafter leitete seinen Vortrag unter dem Titel "Die Kraft der Gedanken" mit einem Zitat von Johann Wolfgang von Goethe ein. "Denken und Tun, Tun und Denken, das ist die Summe aller Weisheit", sagte Wu, bevor er geschickt eine Verbindung zwischen dem deutschen Vorzeigedichter und der kommunistischen Parteiführung seines Landes schlug. "Dieses Zitat aus dem klassischen deutschen Bildungsroman Wilhelm Meisters Wanderjahre ist nicht nur Ausdruck der Philosophie, die dem persönlichen Reifeprozess eines jeden Einzelnen zugrunde liegt", so Wu, "sondern entspricht auch der Logik und Weisheit, mit der ein Land regiert und geführt wird."

Diktator Xi als Menschenfreund

Danach präsentierte er die "Stories of Xi Jinping", eine zwölfteilige Podcastreihe, in der der Chef der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh) Bauern auf dem Land, Kohlekumpels, Schüler oder Fabrikarbeiter trifft. "Sie zeigen, wie er den Menschen zuhört und sich ihrer Anliegen annimmt", jubilierte Wu über die einzelnen Episoden. "Sie machen den am Menschen orientierten Regierungsansatz von Staatspräsident Xi Jinping deutlich." In den Ohren von Uiguren, Tibetern, Hongkongern und chinesischen Regimekritikern, die seit Xis Amtsantritt zu Tausenden in Gefängnisse und Arbeitslager gesperrt werden, mussten die Worte des Diplomaten wie Hohn klingen.

"Die chinesische Regierung versucht alle möglichen Plattformen für ihre Propaganda zu nutzen, auch wenn das alles mit der Realität nichts zu tun hat", sagt Tenzyn Zöchbauer, die Vorsitzende der Tibet-Initiative. "Tibetische Schriftstel­ler und Intellektuelle werden für ihre Werke zu jahrelangen Haftstrafen verurteilt, während die Kommunistische Partei Chinas ihre Propaganda auf den Bühnen der Frankfurter Buchmesse frei verbreiten darf."

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